Verhinderungs­pflege: Alle Fragen beantwortet

Patientenverfügung.digital

erstellt am:

2023-09-05

letzte Änderung:

2023-09-10

Wer sich um die Pflege eines Angehörigen kümmert, braucht auch mal Auszeiten. Deshalb gibt es die Verhinderungspflege. Hier erfahren Sie alles, was Sie darüber wissen müssen. Von einer leicht verständlichen Erklärung bis zur Leistungsbewilligung – wir beantworten Ihnen die häufigsten Fragen.

Verhinderungs­pflege

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Verhinderungspflege ist eine Ersatzpflege für Menschen, die einen Angehörigen oder Bekannten pflegen. Sie ist nützlich, wenn die pflegenden Personen ihre üblichen Pflegetätigkeiten temporär nicht wahrnehmen können.

  • Die Pflegeversicherung fördert die Verhinderungspflege mit bis zu 1.612 Euro pro Jahr. Menschen mit Pflegegrad 2 oder höher, können diese Hilfe für bis zu 42 Tage im Jahr in Anspruch nehmen.

  • Wer mehr Geld braucht, kann bis zu 806 Euro aus dem Budget für die Kurzzeitpflege verwenden. So stehen maximal 2.418 Euro im Kalenderjahr für die Verhinderungspflege zur Verfügung.

Was ist Verhinderungspflege?

Wenn man jemanden zu Hause pflegt, braucht jeder mal eine Pause – schließlich ist die Pflege von Angehörigen häufig zeitaufwändig und mit Stress verbunden. Genau deshalb gibt es die Verhinderungspflege: So können pflegende Familienmitglieder Urlaub machen oder Termine wahrnehmen, ohne sich Sorgen um die Pflege zu machen.

  • Ab dem Pflegegrad 2 wird die Verhinderungspflege finanziell gefördert. Die Pflegekasse zahlt jedes Jahr bis zu sechs Wochen lang – und zwar höchstens 1.612 Euro pro Jahr.

  • Als Ersatz können sowohl Familienmitglieder als auch Freiwillige einspringen. Falls niemand aus dem nahen Umfeld kann, ist auch ein professioneller Pflegedienst möglich.

Achtung: Wenn Familienmitglieder ersten oder zweiten Grades (Kinder, Enkel oder Schwiegerkinder) oder Personen im selben Haushalt pflegen, fallen die Beträge geringer aus. Dann zahlt die Pflegekasse statt 1.612 Euro maximal den 1,5-fachen Satz des Pflegegeldes.

Wer kann die Ersatzpflege übernehmen?

Die Ersatzpflege können zum Beispiel übernehmen:

  • Freunde
  • Nachbarn
  • Verwandte
  • Angehörige
  • Mitarbeitende im Pflegeheim
  • Pflege- oder Betreuungsdienst

Wichtig: Wenn mehrere Pflegepersonen bei der Pflegekasse angemeldet sind und sie dieselbe Person pflegen, besteht für diese Personen in der Regel kein Anspruch auf das Verhinderungspflegegeld.

Wann ist Verhinderungspflege möglich?

Sie können Ersatzpflege aus mehreren Gründen beantragen. Von Pflegekassen anerkannt sind zum Beispiel:

  • Reha
  • Urlaub
  • Termine
  • Erholung
  • Krankheit
  • Sportkurse
  • Fortbildungen
  • Freizeitaktivitäten

Bei der Beantragung von Verhinderungspflege müssen Sie häufig keine Gründe nennen. Wichtig ist, dass drei Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Die pflegebedürftige Person muss seit mindestens 6 Monaten zu Hause gepflegt werden ("Vorauspflege").

  • Die pflegebedürftige Person muss einen anerkannten Pflegegrad 2, Pflegegrad 3, Pflegegrad 4 oder Pflegegrad 5 haben.

  • Die Verhinderungspflege wird von Angehörigen geleistet. Wenn ein Pflegedienst die Pflege übernimmt, gibt es keinen Anspruch auf Verhinderungspflege.

Tipp: Die 6 Monate Vorauspflege muss nicht ununterbrochen erfolgt sein. Pausen (maximal vier Wochen) sind erlaubt. Auch muss es über die 6 Monaten nicht dieselbe Pflegeperson gewesen sein.

Wie lange wird Verhinderungs­pflege gezahlt?

Sie können Verhinderungspflege bis zu sechs Wochen pro Jahr erhalten – auch Aufgaben einer 24-Stunden-Pflege können Sie so abdecken lassen (allerdings maximal acht Stunden pro Tag).

Wichtig dabei:

  • Sie müssen die Verhinderungspflege nicht an einem Stück in Anspruch nehmen. Auch stundenweise Verhinderungspflege ist möglich. So können Sie Ersatzpflege immer dann nutzen, wann Sie sie brauchen.

  • Wenn die pflegenden Angehörigen weniger als 8 Stunden pro Tag verhindert sind, entfällt die zeitliche Begrenzung von maximal 42 Tagen. Dann können Sie die Ersatzpflege also auch an mehr als 42 Tagen nutzen.

Wie hoch ist der Erstattungsbetrag?

Wer Pflegegrad 2 oder höher hat, kann bis zu 1.612 Euro jährlich für Verhinderungspflege erstattet bekommen. Falls ein Verwandter bis zum 2. Grad die Ersatzpflege übernimmt, wird die Erstattung auf 1,5-faches Pflegegeld begrenzt. Dies gilt auch für Personen, die im gleichen Haushalt wie der Pflegebedürftige leben. Dafür können aber auch Verdienstausfälle oder Fahrtkosten für Arztbesuche und Besorgungen für die gepflegte Person erstattet werden. Dennoch bleibt der Höchstbetrag bei 1.612 Euro.

Was erstattet die Pflegekasse?

Verhinderungspflege muss nicht zwangsläufig von professionellen Dienstleistern erbracht werden. Auch Privatpersonen wie Freunde oder Ehrenamtliche können sie übernehmen. Sie können folgende Kosten bei Ihrer Pflegekasse geltend machen:

  • Kosten für Pflegeleistungen durch einen ambulanten Pflegedienst
  • Kosten für vorübergehende Unterbringung in einer stationären Pflegeeinrichtung oder einem Pflegeheim
  • Kosten für die Ersatzpflegeperson
  • Fahrtkosten bei privaten Ersatzpflegepersonen
  • Verdienstausfall bei privaten Ersatzpflegepersonen

Wer eignet sich als Ersatzpfleger?

Die grundlegende Voraussetzung für potenzielle Ersatzpfleger ist ihre körperliche und psychische Gesundheit. Bei der Abrechnung der Pflegeleistung unterscheidet man zwischen nahen und entfernten Verwandten sowie externen Pflegedienstleistern. Hier sind Personen und Einrichtungen, die für die Verhinderungspflege in Frage kommen:

  • Freunde
  • Haushaltshilfen
  • Pflegefachkräfte
  • Entfernte Verwandte
  • Ehrenamtliche Pfleger
  • Ambulante Pflegedienste
  • Karitative Einrichtungen
  • Tagespflegeeinrichtungen

Wichtig: Die Verhinderungspflege muss nicht im Haushalt des Pflegebedürftigen geleistet werden. Sie kann zum Beispiel auch in einem Wohnheim, einem Internat oder im Krankenhaus stattfinden.

Wie beantrage ich Verhinderungs­pflege?

Um Leistungen zur Verhinderungspflege zu erhalten, müssen Sie diese bei Ihrer Pflegeversicherung beantragen. Da solche Situationen auch kurzfristig auftreten können (beispielsweise wenn die Pflegeperson erkrankt) können Sie die Verhinderungspflege auch ohne vorherigen Antrag in Anspruch nehmen.

Wie gelingt die Abrechnung der Verhinderungspflege?

Die Abrechnung der Verhinderungspflege ist unkompliziert. Sie müssen die Ausgaben für die erbrachten Leistungen der Verhinderungspflege nur durch Belege nachweisen und zusammen mit dem entsprechenden Antrag bei Ihrer Pflegeversicherung einreichen. Dafür genügt ein standardisiertes Formular der Pflegekasse.

  • Reichen Sie das Formular und Belege gemeinsam mit Ihrem Verhinderungspflege-Antrag persönlich oder per Post bei der Pflegekasse ein. Am besten fertigen Sie für sich selbst auch eine Kopie von jedem Antrag und den dazugehörigen Belegen an.

  • Bei der Antragstellung gelten bestimmte Verjährungsfristen, die für Sozialleistungen wie die Verhinderungspflege vier Jahre betragen. Das bedeutet, dass Sie die Kostenübernahme rückwirkend für diesen Zeitraum beantragen können. Alle gesetzlichen Regelungen zur Verhinderungspflege sind im § 39 SGB XI festgehalten.

Wichtig: Die entstandenen Pflegekosten müssen Sie immer mit Belegen nachweisen. Deshalb sollten Sie Pflege-Rechnungen stets sammeln und an die Pflegekasse senden.

Was passiert mit dem Pflegegeld?

Wer Verhinderungspflege in Anspruch nimmt, kann trotzdem Pflegegeld bekommen. Wenn die Pflegeperson nur für kurze Zeiträume und weniger als 8 Stunden pro Tag verhindert ist, bleibt das Pflegegeld unverändert. Wenn die Pflegeperson jedoch für längere Zeit ausfällt, wird das Pflegegeld lediglich in Höhe von 50 Prozent der bisherigen Leistungen ausgezahlt. Ausnahme in diesem Fall ist der erste und letzte Tag, an dem das Pflegegeld zu 100 Prozent gezahlt wird.

Tipp: Auch Pflegesachleistungen erhalten Sie während der Ersatzpflege in voller Höhe.

Wie unterscheiden sich Verhinderungs- und Kurzzeitpflege?

Im Verlauf eines Kalenderjahres haben Versicherte die Möglichkeit, sowohl Kurzzeitpflege als auch Verhinderungspflege in Anspruch zu nehmen. Diese beiden Versorgungsansprüche bestehen unabhängig voneinander und bieten Unterstützung in verschiedenen Pflegefällen:

  • Mit Verhinderungspflege möchte man die Pflege im gewohnten Umfeld des Betroffenen aufrechterhalten, wenn die Hauptpflegeperson aufgrund von Urlaub, Krankheit oder anderen Gründen stundenweise oder für mehrere Tage nicht zur Verfügung steht.

  • Kurzzeitpflege (bis zu 1.774 Euro für bis zu acht Wochen pro Kalenderjahr) geschieht meist in einer stationären Einrichtung oder einer Tagespflegeeinrichtung. Kurzzeitpflege wird also nicht nur genutzt, wenn die Hauptpflegeperson ausfällt. Sie ist auch wichtig, wenn die betroffene Person vorübergehend stationär versorgt werden muss.

Tipp: Wenn Sie Ihre Kurzzeitpflege nicht voll nutzen, können Sie den Rest des Geldes für die Verhinderungspflege nutzen. Das gilt für maximal 806 Euro aus den Leistungen für die Kurzzeitpflege. So steht insgesamt ein Maximalbetrag von 2.418 Euro pro Jahr für die Verhinderungspflege zur Verfügung.

3 abschließende Tipps

  • Es spielt keine Rolle, ob Sie in den 6 Monaten vorher "nur" Pflegegrad 1 gehabt haben. Wichtig ist, dass zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Leistung mindestens Pflegegrad 2 vorliegt.

  • Selbst wenn Sie neben ehrenamtlichen Helfern professionelle Hilfe durch einen Pflegedienst bekommen, ist Ersatzbetreuung möglich. Voraussetzung ist, dass der ehrenamtliche Helfer regelmäßig kommt.

  • Wenn die die Verhinderungspflege bereits verbraucht ist oder nicht in Frage kommt, bietet sich als Alternative die Tagespflege an. Diese wird von der Pflegekasse getrennt gefördert.

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