Wie Sie die richtige Vertrauensperson für Ihre Vorsorgevollmacht wählen

Patientenverfügung.digital

erstellt am:

2022-05-02

letzte Änderung:

2023-07-10

Wer eine Vorsorgevollmacht verfasst, muss eine Vertrauensperson bestimmen. In unserem Artikel erfahren Sie, worauf Sie bei der Wahl Ihres Bevollmächtigten oder Bevollmächtigte achten sollten.

1. Die Grundlagen

Warum muss ich eine Vertrauensperson bestimmen?

Es kann immer zu Situationen kommen, in denen Sie selbst nicht mehr handlungsfähig sind. Deshalb ist die Vertrauensperson so wichtig: Der oder die Bevollmächtigte in Ihrer Vorsorgevollmacht kann sich um wichtige Themen wie Finanzen oder Verträge kümmern, wenn Sie dazu aufgrund einer Krankheit oder einem Unfall nicht mehr in der Lage sind.

Wichtig: In Deutschland können Angehörige, Ehepartner oder Kinder nicht einfach so für Sie entscheiden. Vertretungsbefugt ist nur, wer von Ihnen offiziell  bevollmächtigt wurde. Das ist neben der Vorsorgevollmacht auch mit einer Betreuungsverfügung oder Generalvollmacht möglich.

Welche Rechte hat der Bevollmächtigte?

Das können Sie in Ihrer Vorsorgevollmacht genau festlegen. Wenn Sie Ihre Vollmacht erstellen, können Sie sogar mehrere Bevollmächtigte bestimmen, die sich jeweils um verschiedene Aufgaben kümmern können. Grundsätzlich sind folgende Aufgabenbereiche möglich:

  • Post- und Fernmeldeverkehr
  • Medizinische Entscheidungen*
  • Finanzielle Angelegenheiten
  • Gesundheitsvorsorge und Pflegebedürftigkeit
  • Aufenthalt und Wohnungsangelegenheiten
  • Vertretungen vor Gericht
  • Rechtsgeschäfte

*Über lebensgefährliche oder risikoreiche Behandlungsmaßnahmen und Eingriffe kann der Bevollmächtigte nur gemeinsam mit dem Betreuungsgericht entscheiden. Einzige Ausnahme: Der Arzt und die bevollmächtigte Person sind sich einig, dass die Maßnahmen dem Willen des Vollmachtgebers entsprechen. Außerdem sollten Sie mit einer Patientenverfügung im Vornherein festlegen, wie Sie im Notfall behandelt werden möchten.

Welche Pflichten hat der Bevollmächtigte?

Der Bevollmächtigte muss immer in Ihrem Sinne handeln. Das bedeutet zum Beispiel, dass der Bevollmächtigte nicht eigennützig handeln oder sich selbst bereichern darf. Sie sollten aber bedenken: Das Betreuungsgericht überwacht den Bevollmächtigten nicht. Ein Missbrauch der Vorsorgevollmacht ist also theoretisch möglich. Deshalb ist es so wichtig, dass Sie Ihre Vertrauensperson sorgfältig auswählen.

Wie wähle ich meine Vertrauensperson aus?

Das wichtigste Kriterium: Sie müssen Ihrer Vertrauensperson uneingeschränkt vertrauen können. Seien Sie sich bewusst, dass der Bevollmächtigte Sie vor Gerecht vertreten kann und grundlegende Entscheidungen über Ihr Leben treffen darf.

Beachten Sie vor allem folgende Punkte:

  • Ihre Vertrauensperson sollte zuverlässig und gut organisiert sein. Schließlich müssen Sie sich auf Ihren Bevollmächtigten in der Vorsorgevollmacht im Notfall zu 100 Prozent verlassen können.

  • Wenn Sie Ihre Vertrauensperson auch für steuerliche oder vertragliche Entscheidungen befähigen möchten, sollte die Person entsprechende Kompetenzen mitbringen.

  • Ihre Vertrauensperson sollte in Ihrer Nähe leben. Um Termine wahrzunehmen und Entscheidungen für Sie zu treffen, muss die Vertrauensperson meist persönlich erscheinen.

  • Sprechen Sie mit Ihrer Vertrauensperson über Ihre Wünsche und Vorstellungen. Das macht es für Ihre Vertrauensperson einfacher, in Ihrem Sinne zu handeln und erhöht im Notfall die Handlungsgeschwindigkeit.

Tipp: Denken Sie auch daran, dass Ihre Vertrauensperson genügend Zeit haben sollte, um sich um Ihre Belange kümmern zu können.

Was, wenn ich keine geeignete Vertrauensperson habe?

Wenn Sie sich mit keiner Person wirklich wohl fühlen, sollten Sie auf Ihre Vorsorgevollmacht eher verzichten. Eine Alternative wäre eine Betreuungsverfügung: Dort bestimmten Sie eine Person, die vom Betreuungsgericht kontrolliert wird. Alle Entscheidungen müssen dann vom Betreuungsgericht genehmigt werden, was einen Missbrauch der Vollmacht ausschließt.

Tipp: Alternativ können Sie in Ihrer Vorsorgevollmacht auch eine Kontrollperson einsetzen. Diese kontrolliert dann die Tätigkeiten des Bevollmächtigten und minimiert das Missbrauchsrisiko.

2. Was, wenn der Bevollmächtigte nicht will?

Ein Bevollmächtigter kann jederzeit von einer Vorsorgevollmacht zurücktreten. Wie Sie das vermeiden und was bei Ablehnung der Vorsorgevollmacht passiert und zu tun ist, erfahren Sie im Folgenden.

Das Wichtigste auf einem Blick:

  • Die Vorsorgevollmacht ist ein wichtiges Dokument für den Ernstfall. Sie bestimmen eine Vertrauensperson, die für Sie Entscheidungen treffen kann, wenn Sie nicht mehr geschäftsfähig sind.
  • Niemand muss die Aufgaben einer Vorsorgevollmacht annehmen. Auch zu einem späteren Zeitpunkt kann ein Bevollmächtigter von der Vorsorgevollmacht zurücktreten – selbst wenn er bereits Aufgaben durchgeführt hat.
  • Sprechen Sie vor dem Erteilen der Vorsorgevollmacht mit Ihrer Vertrauensperson. Nur so können Sie Überraschungen vermeiden und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Ihre Vertrauensperson die Aufgaben annimmt.

An wen kann ich eine Vorsorgevollmacht ausstellen?

Sie können in Ihrer Vorsorgevollmacht sowohl einzelne oder mehrere Personen als Bevollmächtigte bestimmen. Beachten Sie, dass die Person Sie immer nur in denen von Ihnen festgelegten Bereichen vertreten darf – zum Beispiel: Vermögen, Gesundheit und Pflege­bedürftigkeit, Aufenthalt und Wohnungsangelegenheiten, Post- und Fernmeldeverkehr oder Vertretung vor Gericht.

Muss ich den Bevollmächtigten über die Vorsorgevollmacht informieren?

Die Vorsorgevollmacht ist eine einseitige Erklärung. Das bedeutet: Sie wird wirksam, ohne dass Sie den Bevollmächtigten über die Vorsorgevollmacht informieren müssen. Empfehlenswert ist das aber nicht! Sprechen Sie mit Ihrem Bevollmächtigten immer – nur so können Sie herausfinden, ob der Bevollmächtigte diese Aufgabe übernehmen kann und möchte. Bedenken Sie dabei: Das Ausüben einer Vorsorgevollmacht kann im Ernstfall sehr zeitintensiv und belastend sein.

Was tun, wenn der Bevollmächtigte ablehnt?

  • Sprechen Sie mit Ihrem Bevollmächtigten. Eventuell können Sie das Problem auf kommunikativem Wege lösen.nFinden Sie heraus, wo das Problem liegt. Vielleicht gibt es Bereiche, in denen sich Ihre Vertrauensperson unsicher fühlt oder Sie unterschiedliche Vorstellungen haben?

  • Sollte der Bevollmächtigte trotzdem nicht wollen, suchen Sie einen geeigneten Ersatz. So vermeiden Sie, dass das Gericht im Ernstfall eine gesetzliche Betreuung anordnet.

Was passiert, wenn der Bevollmächtigte im Ernstfall abspringt?

Gemäß § 172 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) besteht die Vertretungsmacht so lange, bis die Vollmacht an den Vollmachtgeber zurückgegeben wird. Dennoch ändert sich einiges, wenn der Bevollmächtigte seine Aufgaben nicht mehr ausführen möchte:

  • Wenn Sie mehrere Personen beauftragt haben, übernimmt der andere Bevollmächtigte nun alle Aufgaben. Sollten Sie einen Ersatz-Bevollmächtigten ernannt haben, springt dieser nun ein.

Wichtig: Wenn der Bevollmächtigte ablehnt, kann er in aller Regel nicht selbst eine Vertretung oder einen Nachfolger bevollmächtigen. Das ist nur möglich, wenn die Vorsorgevollmacht dies ausdrücklich gestattet.

  • Wenn es weder Stellvertreter noch andere Bevollmächtigte gibt, wird ein gesetzlicher Betreuer eingesetzt. Dieser trifft dann Entscheidungen in Ihrem Namen. Für einen solchen Fall können Sie sich mit einer zusätzlichen Betreuungsverfügung absichern.

3 Tipps für Ihre Vorsorgevollmacht:

  • Besprechen Sie mit Ihrem Bevollmächtigten immer ganz genau, welche Vorstellungen und Wünsche Sie haben. Gehen Sie nicht davon aus, dass Kinder, Partner oder Verwandte schon wissen, was Sie sich genau vorstellen.

  • Vor allem wenn Sie wegen Demenz eine Vollmacht erstellen, sollten Sie darüber unbedingt mit Ihrer Vertrauensperson sprechen. Erklären Sie genau, wie die Stellvertretertätigkeit aussieht und besprechen Sie auch über das Innenverhältnis.

  • Überprüfen Sie nicht nur regelmäßig, ob Ihre Vorsorgevollmacht noch Ihren aktuellen Wünschen und Bedürfnissen entspricht. Sie sollten auch überprüfen, ob Ihre Vertrauensperson noch als Bevollmächtigte infrage kommen. Am besten tun Sie das einmal pro Jahr.

3. Sollte der Bevollmächtigte eine Vergütung erhalten?

Die Betreuung per Vorsorgevollmacht wird normalerweise unentgeltlich geführt. Trotzdem kann es sinnvoll sein, eine Vergütung mit dem Betreuer zu vereinbaren.

Warum eine Vergütung sinnvoll sein kann

In der Vergangenheit wurden vor allem Familienangehörige als Betreuer in einer Vorsorgevollmacht eingesetzt. In den letzten Jahren lässt sich allerdings ein Trend erkennen: Immer mehr Menschen haben keine nahestehenden Angehörigen, die die Betreuungsaufgabe übernehmen können. Immer häufiger werden Vorsorgevollmachten deshalb von Freunden, Bekannten oder professionellen Betreuern ausgeübt – und genau dann kann eine Vergütung besonders sinnvoll sein.

Denken Sie außerdem daran, dass die Ausübung einer Vorsorgevollmacht eine anspruchsvolle und zeitaufwendige Tätigkeit ist. Außerdem haften Betreuer mit ihrem gesamten Vermögen und müssen auch über den Tod des Vollmachtgebers Rechenschaft ablegen. Deshalb kann eine angemessene Vergütung grundsätzlich auch eine gute Wahl sein, wenn Familienangehörige die Betreuung übernehmen.

Wie lege ich eine Vergütung fest?

Wenn Sie Ihre Betreuung vergüten möchten, sollten Sie das schriftlich festlegen. Das gelingt in der Vollmacht über die sogenannte Innenverhältnisregelung – hier können Sie genau definieren, in welchen Bereichen der Vollmachtnehmer sie vertreten soll und ob er eine Vergütung für seine Tätigkeit verlangen kann. Die Bezahlung der Vergütung können Sie dabei nach Belieben festlegen – zum Beispiel pauschal je nach geleisteten Betreuungsstunden. Diesen Lohn darf sich der Bevollmächtigte dann gegen Nachweis aus Ihrem Vermögen entnehmen.

Wichtig: Wenn es um die Vergütung geht, gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Ob und in welcher Höhe die Vergütung bezahlt wird, ist ausschließlich von der Vereinbarung (und dem Rechtsverhältnis) zwischen Vollmachtgeber und Vollmachtnehmer abhängig. Sie können im Innenverhältnis auch festlegen, dass es keine Vergütung gibt.

Was, wenn nichts über die Vergütung entschieden wird?

Wenn eine Vergütung weder ausgeschlossen noch vereinbart wurde, ist eine Entschädigung über den ehrenamtlichen Betreuer möglich (§ 1836 BGB). Einzige Voraussetzung? Sie als Vollmachtgeber müssen gemäß dem Betreuungsrecht als „vermögend“ eingestuft werden. Die Vergütung kann dann je nach Schwierigkeit und Aufwand für den Bevollmächtigten festgelegt werden. Wichtig dabei: Die Vergütung muss immer angemessen sein!

Was sollte ich außerdem beachten?

  • Die Vergütungsvereinbarung kann grundsätzlich mündlich oder schriftlich erfolgen. Um Missverständnisse zu vermeiden, empfiehlt sich aber immer eine schriftliche Vereinbarung.
  • Beachten Sie außerdem, dass eine Vergütung eventuell versteuert werden muss. Außerdem ist eine Vergütung eventuell nicht möglich, wenn in naher Zukunft ein Sozialleistungsbezug notwendig wird.
  • Sie können einen Kontrollbevollmächtigten einsetzen, der die Entnahme der vereinbarten Vergütung zusätzlich überwacht.

Schlusswort

Eine Vorsorgevollmacht ist für jeden Menschen sinnvoll. Die Grundvoraussetzung: Sie müssen jemanden haben, dem Sie absolut vertrauen. Wenn das nicht der Fall ist, könnte eine Betreuungsverfügung die bessere Wahl sein.