Geschäftsfähigkeit und die Patientenverfügung: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Patientenverfügung.digital

erstellt am:

2021-09-27

letzte Änderung:

2022-02-21

Eine Patientenverfügung greift nur, wenn man geschäftsunfähig ist. Doch was bedeutet „Geschäftsunfähigkeit“ eigentlich? Und wer attestiert sie? Lesen Sie im Folgenden die Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Geschäftsfähigkeit im Kontext der Patientenverfügung und Vorsorge.

Geschäftsfähigkeit

Was ist Geschäfts(un)fähigkeit?

Geschäftsfähig sind im Regelfall alle volljährigen Menschen. Minderjährige über sieben Jahre und jünger als 18 Jahre gelten als beschränkt geschäftsfähig (§ 106 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Geschäftsunfähig ist man demnach, wenn man entweder das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder sich in einem Zustand befindet, der eine freie Willensbestimmung ausschließt.

Gemäß der Definition im Bürgerlichen Gesetzbuch ist eine Person geschäftsunfähig, wenn

„die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist (§ 104 BGB)“.

Was kann zur Geschäftsunfähigkeit führen?

Geschäftsunfähig können Personen aus verschiedensten Gründen werden. Vor allem bei folgenden Krankheiten und Beeinträchtigungen kommt es häufig zur Geschäftsunfähigkeit:

  • Fortgeschrittene Demenz: Bei Demenz verlieren betroffene Personen langsam ihre geistigen Fähigkeiten und damit auch ihre Geschäftsfähigkeit. Die am häufigsten verbreitete Form der Demenz ist Alzheimer.

  • Wahnvorstellungen und Halluzinationen: Wahnvorstellungen sind wirre oder falsche Gedanken und Überzeugungen (zum Beispiel Verfolgungswahn). Halluzinationen sind falsche Sinneswahrnehmungen. Beides kann zur Geschäftsunfähigkeit führen.

  • Geistige Behinderung: Wer zurückgeblieben ist oder eine andere geistige Behinderung hat, wird häufig geschäftsunfähig. Entscheidend ist, wie stark die geistige Behinderung ausgeprägt ist – in bestimmten Fällen können auch geistig behinderte Personen beschränkt geschäftsfähig sein.

  • Affektive Störungen: Bei affektiven Störungen wie Depressionen oder Manie verändert sich die Stimmungslage der Betroffenen und damit ändert sich häufig auch die Geschäftsfähigkeit. Drogenmissbrauch kann zu solchen Störungen ebenfalls führen.

Welche Rolle spielt Geschäftsfähigkeit für die Patientenverfügung?

Die Wirksamkeit der Patientenverfügung ist an die Geschäftsfähigkeit des Verfassers auf zweierlei Art gekoppelt: 1) Zum Zeitpunkt des Verfassens der Patientenverfügung muss der Betroffene die Tragweite seiner Entscheidungen klar beurteilen können. Geschäftsfähigkeit ist dafür in der Regel eine wichtige Voraussetzungen. 2) Die Patientenverfügung wird im Ernstfall erst angewendet, wenn der Betroffene geschäftsunfähig ist. Wer weiterhin ansprechbar ist und Entscheidungen treffen kann, muss nicht auf seine Patientenverfügung zurückgreifen.

Welche Rolle spielt Geschäftsfähigkeit für das Erbrecht?

Im Erbrecht ist die Geschäftsfähigkeit ebenfalls wichtig. Hier spricht man jedoch von der Testierfähigkeit, die mit kleinen Abweichungen sehr ähnlich mit der Geschäftsfähigkeit ist. Der wichtigste Unterschied: Während die beschränkte Geschäftsfähigkeit bereits ab 7 Jahren gilt, muss ein Minderjähriger nach § 2229 Abs. 1 BGB mindestens 16 Jahre alt sein, um ein Testament zu errichten. Dafür gibt es keine eingeschränkte Testierfähigkeit: Eine Zustimmung des gesetzlichen Vertreters ist nicht notwendig.

Welche Konsequenzen hat eine Geschäftsunfähigkeit?

Wer geschäftsunfähig ist, kann von Gesetz wegen keine gültige Willenserklärungen mehr abgeben (§ 105 BGB). So sind beispielsweise Rechtsgeschäfte einer geschäftsunfähigen Person nichtig und bereits   abgeschlossene Geschäfte werden zurückabgewickelt. Genauso können Sie keine Entscheidungen mehr treffen, wenn Sie nach einem Unfall oder einer Krankheit geschäftsunfähig ins Krankenhaus eingeliefert werden. Deshalb ist es so wichtig, dass Sie sich für eine solche Situation absichern und eine Patientenverfügung erstellen.

Wichtig: Wer unter einer geistigen Erkrankung oder Schwäche wie Demenz leidet und einen sogenannten lichten Moment (lucidum intervallum) hat, gilt für die Dauer des Momentes als geschäftsfähig und kann Entscheidungen treffen.

Was passiert ohne Patientenverfügung?

Bei Geschäftsunfähigkeit und fehlender Patientenverfügung überlassen Sie Entscheidungen über Ihre medizinische Behandlung anderen Menschen. Häufig bestellt das Betreuungsgericht einen gesetzlichen Betreuer, der für Sie entscheidet. In vielen Fällen ist der Betreuer eine völlig fremde Person – Angehörige sind nicht automatisch vertretungsbefugt.

Wer attestiert Geschäftsunfähigkeit?

Bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung braucht es ein medizinisches Fachgutachten. Dafür wird ein Sachverständiger (beispielsweise ein Facharzt für Psychiatrie) beauftragt, der die Geschäfts(un)fähigkeit des Betroffenen untersucht und ein entsprechendes Gutachten erstellt. Das ist auch der Fall, wenn bei Einlieferung ins Krankenhaus die Geschäftsfähigkeit überprüft werden soll.

Das Fazit? Sorgen Sie für Geschäftsunfähigkeit vor

Geschäftsunfähigkeit kann jeden treffen. Deshalb sollten Sie sich frühzeitig für einen solchen Fall absichern und sich vor allem zwei Vorsorgedokumente erstellen: Mit einer Patientenverfügung können Sie selbst bei Geschäftsunfähigkeit medizinische und pflegerische Selbstbestimmung behalten. Und mit einer Vorsorgevollmacht bestimmen Sie eine Vertrauensperson, die Sie vor Gericht vertreten kann und sich zum Beispiel um Ihre Vermögensverwaltung kümmert. Mit diesen zwei Vorsorgedokumenten sind Sie bestmöglich abgesichert.

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