Angehörige enterben: Darauf müssen Sie achten

Patientenverfügung.digital

erstellt am:

2020-03-15

letzte Änderung:

2023-01-09

Sie möchten einen Angehörigen oder jemanden aus Ihrem engeren Familienumfeld enterben? In diesem Artikel erfahren Sie, ob und wie das möglich ist.

Angehörige enterben

Warum enterben?

Nicht jedes Familienverhältnis bleibt mit der Zeit spannungsfrei. Kommt es zu einem nachhaltigen Zerwürfnis zwischen Familienmitgliedern, stellt sich irgendwann die Frage des Nachlasses. Wer Familienmitglieder per Testament enterben möchte, kann das meist ohne Angabe von Gründen tun – ein Familienmitglied komplett zu enterben ist jedoch in den seltensten Fällen möglich.

Woran liegts? Die nächsten Angehörigen haben einen Anspruch auf einen Pflichtteil. Diesen Pflichtteil können grundsätzlich auch enterbte Angehörige einfordern – denn auch nach dem Tod sieht das Gesetz eine Fürsorgepflicht für nächste Angehörige vor.

Wer bekommt einen Pflichtteil?

Das regelt die gesetzliche Erbfolge. Diese unterteilt alle Familienangehörigen in fünf Ordnungen:

  1. Abkömmlinge des Erblassers. Zum Beispiel Kinder, Enkel, Urenkel etc. Stiefkinder oder Ziehkinder gehören nicht dazu.
  2. Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Zum Beispiel Vater, Mutter, Geschwister, Neffe, Nichte, Großneffe, Großnichte usw. Wenn zum Zeitpunkt des Erbfalls noch beide Eltern leben, erben deren Kinder nichts. Lebt nur noch ein Elternteil, bekommt dieser die Hälfte während sich die andere Hälfte auf die (falls vorhandenen) Abkömmlinge des verstorbenen Elternteils aufteilt. Sind bereits beide Eltern verstorben, erhalten deren Kinder den kompletten Erbanteil.
  3. Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Zum Beispiel Großvater, Großmutter, Onkel, Tante, Cousin, Cousine etc.
  4. Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Zum Beispiel Urgroßvater, Urgroßmutter, Großonkel, Großtante etc.
  5. Fernere Verwandte. Zum Beispiel entfernte Voreltern des Erblassers und deren Abkömmlinge.

Wenn demnach Erben oberer Ordnung vorhanden sind, schließt dies den Anspruch weit entfernter Verwandter als Erben von der Erbfolge aus.

Übrigens: Bei einem Pflichtteil wird die Erbschaftssteuer ebenfalls fällig. Dies ist allerdings nur der Fall, wenn der Pflichtteil die Erbschaftssteuer übersteigt.

Wie groß ist der Pflichtteil?

Der Pflichtteil beträgt genau die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Dabei müssen alle weiteren pflichtteilsberechtigten Verwandten berücksichtigt werden – auch wenn diese das Erbe ausgeschlagen haben oder erbunwürdig sind. Für die Rechnung spielen nur diejenigen keine Rolle, die bereits zu Lebzeiten des Erblassers auf das Erbe verzichtet haben.

So erben beispielsweise zwei Kinder nach dem Tod einer Witwe gemäß der Berechnung des Pflichtteils 25% des Erbes. Bei Immobilien wird grundsätzlich der Verkehrswert beim Verkauf berücksichtigt.

Übrigens: Jeder Pflichtteilsberechtigter kann ein Nachlassverzeichnis verlangen. Er kann sogar einen Sachverständigen den Wert des Erbes ermitteln lassen – muss dafür jedoch zahlen. Bei kleineren Erben ist es deshalb empfehlenswert, dass sich Erben und Pflichtteilsberechtigte selbst über einen Wert einigen.

Kann ich den Pflichtteil vermeiden?

Das ist selten der Fall. Wenn Sie als Erblasser einem Verwandten den Pflichtteil verweigern möchten, muss es außerordentliche Gründe geben. Das ist zum Beispiel bei einem Verbrechen (Diebstahl, Körperverletzung etc.) oder schweren Vergehen des Enterbten gegenüber des Erblassers der Fall – oder wenn der Enterbte dem Erblasser nach dem Leben trachtet. Eine Freiheitsstrafe von mindestens zwölf Monaten ohne Bewährung ist ebenfalls ein ausreichender Grund.

Wichtig: Eine Beleidigung oder ein anhaltender Streit reicht nicht aus, um den Pflichtteil zu entziehen. Genauso wenig wie Kinder, die den Kontakt abgebrochen haben oder sich um den Erblasser nicht kümmern.

Wie lange besteht der Anspruch auf einen Pflichtteil?

Enterbte haben für ihren Anspruch drei Jahre Zeit. Wenn diese dreijährige Frist verstreicht, verjährt der Pflichtteilsanspruch. Die Frist beginnt mit dem Jahresende, in dem der Anspruch entstand.

Was ist ein Pflichtteilsergänzungsanspruch?

Eine Pflichtteilsergänzung kann den Pflichtteil erhöhen. Wenn Sie als Erblasser vor dem Tod Vermögen verschenken, wird eine Reduzierung der Erbmasse per Pflichtteilsergänzung verhindert. Der Betrag der Schenkungssumme wird beim Berechnen der vorhandenen Erbmasse demnach nicht berücksichtigt – und dem Pflichtteilsberechtigten steht mehr Geld zu. Das ist nur möglich, wenn Schenkung und Erbfall weniger als 10 Jahre zurückliegen.

Übrigens: Ein Pflichtteilsberechtigter muss sich seine Schenkungen ebenfalls anrechnen lassen, wenn er diese zu Lebzeiten vom Erblasser erhalten hat.

Wie verhält sich die Pflichtteilsergänzung bei Ehepartnern?

Wenn die Schenkung eines Grundstücks an einen mittlerweile geschiedenen Ehepartner erfolgte, besteht die gewöhnliche Frist von 10 Jahren. Wenn die Ehe jedoch bis zum Sterbefall bestand, gibt es diese Frist nicht. Das bedeutet: Die Schenkung hat keinen Einfluss auf die Höhe des Pflichtteils.

Wie kann ich jemanden enterben?

Sie möchten einen Angehörigen trotz Pflichtteil von der gesetzlichen Erbfolge ausschließen? Das können Sie in Ihrem Testament festlegen – eine Angabe von Gründen ist nicht notwendig. Meist reicht zum Beispiel eine Formulierung wie: "Meine Kinder sollen mich nicht beerben" oder "Mein Sohn bekommt den Pflichtteil".

Tipp: Nutzen Sie das Berliner Testament, wenn Sie Ihre Kinder ausschließen und zunächst nur an Ihren noch lebenden Ehepartner vererben möchten. Sobald auch der lebende Ehepartner verstorben ist, bekommen die Kinder dann das Erbe.

Fazit

Eine Enterbung ist nicht schwer – es reicht ein entsprechender Verweis im Testament. Bedenken Sie jedoch, dass Enterbte in fast allen Fällen Anspruch auf ihren Pflichtteil haben und diesen innerhalb von 3 Jahren einfordern können. Um jemanden auch den Pflichtteil zu verwehren, sind außerordentliche Gründe wie Verbrechen vom Enterbten gegenüber dem Erblasser nötig.

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